von Luan Idrizi, Lernender Kaufmann EFZ
Marco, du bist bereits das zweite Mal bei einer ERP-Implementation dabei. Ein klassisches Déjà-vu?
Nicht unbedingt. Ich bin dieses Mal in einer anderen Funktion und mit anderen Aufgaben dabei. Dazu haben wir in diesem Projekt den Vorteil, dass wir das Produkt bereits gut kennen.
Gewisse Abläufe haben sich vor zehn Jahren bewährt, daran werden wir nichts ändern. Und diese kenne ich natürlich noch gut.
Wodurch unterscheiden sich die beiden Projekte Apollo13 und Skylab4?
Durch die Vorgehensweise. Letztes Mal haben wir bei null begonnen, haben alle Prozesse neu definiert und gebaut. SAP war neu, die Mitarbeiter mussten alles erst erlernen. Heute haben wir schon einen recht guten Stand. Es geht jetzt mehr ums Harmonisieren und ums Optimieren der Prozesse. Das Produkt SAP wird bleiben. Es wird Änderungen geben, die wir bereits kennen und die die Arbeitsweise verändern werden.
Das tönt eher nach Feintuning statt nach einem grossen Projekt?
Darin liegt gerade die grosse Schwierigkeit. Wir können nicht richtig abschätzen, wie hoch der Aufwand wirklich sein wird. Jene Änderungen, die wir vornehmen wollen, werden viel Konzept- und Testaufwand mit sich bringen. Das Feintuning ist nicht zu unterschätzen. Letztes Mal haben wir es bewusst weggelassen, weil es zu viel Aufwand gewesen wäre. Auch der Aufwand für die neue Technologie, genannt FIORI, die wir einsetzen werden, ist schwer abschätzbar. Ziel ist es, am Standard zu bleiben und so den Aufwand zu reduzieren.
Wann hat das Projekt für dich persönlich begonnen?
Ich bin jetzt bereits eineinhalb Jahre damit beschäftigt. Anfang 2022 begannen wir damit, erste Überlegungen anzustellen, haben Workshops durchgeführt, die Strategie und die Methode festgelegt. Dann gab es verschiedene Vorprojekte wie das Update des bestehenden SAP, damit wir es noch bis zum Wechsel in Betrieb halten können.
Noch hast du mindestens eineinhalb Jahre Projektarbeit vor dir. Hast du bereits die Nase voll?
(lacht) Das wäre nicht gut! Ich freue mich auf die kommende Arbeit, auf das Zusammenspiel mit dem Projektteam. Ich bin gespannt, was auf uns zukommt. Wir sind an einem anderen Ort, arbeiten mit anderen Kollegen, das ist sehr spannend. Zurzeit läuft noch die Planung, damit wir nach den Sommerferien so richtig durchstarten können.
Wie motiviert man sich über eine solch lange Zeit?
Die Abwechslung motiviert. Jeder Tag ist anders, man muss die Planung immer wieder anpassen. Dann ist da die Zusammenarbeit mit dem Team, das auch motiviert werden soll. Wir werden an Tiefpunkte kommen, und meine Motivation ist es, schnell wieder daraus herauszufinden. Motivierend ist natürlich auch, dass wir mit der Arbeit, die wir im Projekt leisten, die HGC in den Prozessen hoffentlich wieder einen grossen Schritt nach vorne bringen können.
Du leitest ein Projektteam von rund 60 Mitarbeitenden. Hilft dir dabei deine Erfahrung als Hobbyimker?
Jein. Im Umgang mit Bienen muss man eine gewisse Gelassenheit an den Tag legen. Hektik ist nicht angebracht, sonst wird man gestochen. Gelassen zu bleiben hilft daher sicher. Allerdings wird es unumgänglich sein, im Projekt ab und zu das Tempo und den Druck zu erhöhen.
Wovor hast du am meisten Respekt?
Dass die HGC während des Projekts nicht stillsteht. Es werden sicher Dinge kommen, die wir heute noch nicht wissen. Allenfalls müssen wir noch Anpassungen im heutigen SAP machen, oder etwas ins neue einbinden. Vor dieser Unplanbarkeit habe ich Respekt.
Der zweite Punkt: Letztes Mal begannen wir auf der grünen Wiese und konnten alles beeinflussen. Heute gehen wir von einem gewissen Stand aus. Es gibt aufgrund des neuen Produkts S4 von SAP Neuerungen, und es ist noch nicht klar, was wir davon verwenden und wie wir dies in unsere bestehenden Prozesse aufnehmen dürfen oder müssen.
Wichtig ist: Wir wollen nicht von Anfang an zu viel in dieses Projekt packen. Das Ziel ist es, das neue SAP-S4-System ab 1.1.2025 voll funktionstüchtig zu haben. Das heisst aber nicht, dass nach dem Projekt nichts mehr daran gemacht wird. Wir werden das ERP auch dann noch weiterentwickeln können.
Lässt sich bereits heute sagen, was sich für die ERP-Benutzer, zum Beispiel am Desk, ändern wird?
Es wird einen anderen Einstieg geben. Alle Mitarbeitenden werden eine auf ihre Funktion abgestimmte Ansicht mit Kacheln haben. Ich soll auf den ersten Blick sehen, wo und was ich heute tun muss. Ich werde auch schlanker und zielgerichteter durch meine Aufgaben und Prozesse geführt.
Was sich kaum verändern wird, ist zum Beispiel die Eingabemaske einer Auftrags- oder Bestellungserfassung.
Es ist Frühjahr 2025, S4/HANA ist erfolgreich eingeführt und läuft reibungslos. Was wirst du als Erstes machen, um dich zu belohnen?
Sicher Ferien! Wohin es gehen wird, weiss ich noch nicht, aber mindestens drei bis vier Wochen sollen es sein!